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Uhrmacher
im 19. Jahrhundert in Jever
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Uhrmacher im 19. Jahrhundert in Jever |
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Anmerkung: Dieser Artikel von Heinz-Günter Vosgerau wurde im Oldenburger Jahrbuch 1998 Bd. 98 (Herausgeber: Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde e.V.) veröffentlicht und ist auch als Sonderdruck erschienen. Fragen und Informationen an/für den Autor Heinz-Günter Vosgerau.
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Eine
ausgefallene Wanduhr
von F.W. Schwarzenbach,
Jever
Bilder zum Vergrößern bitte anklicken Das Freilichtmuseum Cloppenburg, bekannt unter dem Begriff "Museumsdorf", eröffnete im Jahre 1996 eine umfangreiche Uhrenausstellung unter dem Titel "Rund um die Uhr, Die Kunst des Uhrmachers in Stadt und Land zwischen Weser und Ems". Während der Ausstellung kam Kunde von weiteren interessanten Uhren, von denen noch vier herausragende Stücke nachträglich in die Ausstellung integriert wurden. Zu diesen besonderen Uhren gehörte auch eine grazile Wanduhr, die der damalige Direktor des Freilichtmuseums, Prof. H. Ottenjann im Arbeitszimmer des Präsidenten des Regierungsbezirks Weser-Ems in Oldenburg entdeckte (Abb.5). Die Aufschrift des Emaillezifferblattes wies sie als ein Erzeugnis des Uhrmachers Fr. W. Schwarzenbach in Jever aus. Wie diese Uhr aus Jever nach Oldenburg in die Regierungsräume kam, ist unbekannt. Regierungspräsident B. Theilen stellte sie freundlicherweise dem Museum zur Verfügung.
Die Vorderfront und beide Seiten des eleganten Gehäuses sind verglast und geben der Uhr ein leichtes Aussehen. Es entspricht den sogenannten Wiener Uhren aus der Zeit um 1810 und besitzt eine Länge von 132 Zentimetern. Der klassizistische Dachgiebel ist ebenso vorhanden wie die quadratische Erweiterung am unteren Teil des Gehäuses, das bei den Wiener Uhren Platz für die große Pendellinse bieten musste. Der äußere Unterschied der jeverschen Uhr zu ihrem Wiener Vorbild ist das kleinere Zifferblatt, in dessen oberem Teil ein kleiner Sekundenzeiger mit eigener Skala untergebracht ist (Abb. 6 ). Eingefasst ist es von einem vergoldeten und verzierten Zahlenreif. Die römischen Ziffern sind schwarz, die Zeiger aus blau angelassenem Stahl. Unter dem Aufzugsloch über der VI ist der Name und Wohnort des Uhrmachers Schwarzenbach angebracht. Die Pendelstange ist aus blankem Stahl und trägt an ihrem unteren Ende statt eine Pendellinse ein Gefäß für Quecksilber, das Temperaturdifferenzen weitgehend ausgleichen konnte. Das Pendel hängt an der Rückwand des Gehäuses an der Pendelfeder, die dort eine aufwendige Befestigung besitzt. Auch der Werkstuhl ist massiv und makellos aus Messing gearbeitet ( Abb.7 ). Da man großen Wert auf den optischen Eindruck eines Werkes legte, sind die Schrauben schön gebläut (angelassen). Das Werk zeigt einige Besonderheiten. Die hintere Werkplatine [19] ragt weit über die Werkpfeiler hinaus, was sehr unüblich ist. So mussten für beide Zapfen des Ankers Kloben mit Lagern angeschraubt werden (Abb. 8). Der Anker, der normalerweise zwischen den Platinen liegt, ist wie das Gangrad, in das er eingreift, auf der Platine angebracht. Seine Klauen greifen über das halbe Rad und regeln somit die Hemmung des Werkes. Es handelt sich um eine Grahamhemmung, die nach ihrem englischen Erfinder Georg Graham benannt wurde. Um die Höhe der Bewegung des Gangrades in den Lagern zu begrenzen, sind sie mit einer polierten Stahlplatte abgedeckt, die auch das Lageröl vor Schmutz schützt (Abb. 9). Der Radkranz des Walzenrades liegt ebenfalls oberhalb der rückwärtigen Platine. Das ist ebenfalls eine ungewöhnliche Anordnung. Er hat einen Durchmesser von 80 Millimetern und trägt 270 Zähne. Auf die Walze, die zwischen den Platinen liegt, wird die Darmsaite beim Aufziehen gewickelt, an der das Gewicht hängt das dem Werk die Kraft verleiht. Es gibt einige gravierende Unterschiede zu den Wiener "Laterndl"-Uhren. So hatten die Wiener Uhren einen zentralen Sekundenzeiger, dessen Verwendung jedoch sehr viele technische Schwierigkeiten bereitete. Wie kommt nun ein Uhrmacher aus Jever dazu, eine "Wiener" Uhr herzustellen? Der Uhrmacher F.W. Schwarzenbach Schwarzenbach`s Biographie scheint diese Frage zu beantworten: Die Eltern des F.W. Schwarzenbach sind noch nicht gefunden, wenn auch mindestens eine Verwandtschaft zu dem Schusteramtsmeister Jacob Schwarzenbach sicher zu sein scheint. Jacob Schwarzenbach wohnte in der Wagestraße in Jever und heiratete 1816. Sein Vater war der Sergeant Georg Schwarzenbach aus Braunsberg in Ostpreußen. Jacob Schwarzenbach hatte vier Kinder, eine Tochter und drei Söhne, von denen aber keiner Friedrich Wilhelm heißt. Der älteste Sohn, Carl August, wurde 1815 geboren. Friedrich Wilhelm Schwarzenbach trat 1830 in die Uhrmacherlehre beim Uhrmacher von Breton in Varel. Er lernt viereinhalb Jahre bis 1834. Er könnte ebenfalls 1815 geboren sein. Dann ging es ins Ausland, wie die Akten vermerken. Die erste Station war bei Dienier & Co in Hamburg, wo er 15 Monate tätig war. Von dort wanderte er nach Leipzig und arbeitete acht Monate bei L. Ernst. Nach einem Aufenthalt von zwei Monaten in Töplitz bei J.M. Pelz brach er nach Prag auf, wo er sieben Monate bei Carl Suchy tätig war. Von hier wandte er sich nach Wien. Dort arbeitete er bei zwei Meistern: Bei A. Loeff einen Monat und bei Mayer & Marenzeller siebeneinhalb Monate. Die gesamte Wanderzeit betrug somit drei Jahre und viereinhalb Monate. Durch seine Tätigkeit lernte Schwarzenbach die Wiener Uhren kennen und konnte sie nach seiner Niederlassung anfertigen. Einige Teile der Uhr entsprechen genau dem Wiener Vorbild, wie der vergoldete Reif am Zifferblatt. Sie sind möglicherweise aus Wien bezogen worden. Am 2. November 1840 hat Schwarzenbach seine Meisterprüfung bestanden. Er hat sie bei Uhrmacher Joh. Haack in Oldenburg abgelegt, der folgende Bescheinigung ausstellte:
[19]Platinen werden die beiden Messingplatten genannt, zwischen denen die Räder gelagert sind. Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Heinz-Günter Vosgerau, Restaurator/Uhrmachermeister |
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