Beurteilung eines Meisterstückes
Im Staatsarchiv Osnabrück gibt es eine aufschlußreiche Beurteilung eines
Meisterstücke von 1848 durch die Prüfungskommission und die Rechtfertigung des
Prüflings hierauf:
Bei der Vorzeigung des
Meisterstücks des H. Rehm fanden sich bei Besichtigung desselben folgende Fehler: 1). Sämtlich Räder sind nicht gut gezahnt, namentlich ist der
Grund derselben nicht gehörig flach.
2). Die Triebe sind sehr nachlässig gearbeitet, der
Grund derselben nicht gleichmässig tief durchgestrichen, die Höhlungen an den Trieben
nicht gut unterdreht und die Triebe überhaupt nicht gut geschliffen und poliert.
3). Die Zapfen überhaupt schlecht.
4) Die Hemmungstheile als Cylinder und Cylinderrad sind
gut , wird indessen in Zweifel gestellt, daß Letzteres vom Verfertiger des Meisterstücks
ohne fremde Hülfe gemacht ist , indem selbiger sich weigert, die dazu erforderlichen
Maschinen vorzuzeigen und früher erwähnte Maschinen nicht zu haben.
5). Ist das Ganze unvollendet , weder die Räder noch
flachen Stahltheile sind poliert und eben, so fehlen die beiden Zeigerräder.
Durch diesen angegebenen Mängel und Fehler können
nicht die Überzeugung aussprechen dieses Meisterstück für gut anerkennen zumal Herr
Rehm in Gegenwart der Unterzeichneten erklärt hat, daß mehrere Fehler an dem
Meisterstücke sich befänden.
Heyl, als Altmeister
Gralmann
M.Heuser
G.Gralmann
H. Finkemann
Gersiek
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2 Tage später , am 29.11.1848, sendet der Gescholtene eine Erwiderung:
Dem Meisterstücke beyzulegen als
Rechtfertigung seiten des Julius Rehm. Da
die Herren Uhrmacher bei der Beschauung des Meisterstücks sich äußerten, daß das
Stück flüchtig gearbeitet , jedoch von einem Verwerfen desselben durchaus keine Rede
sey; so bemühen sich jetzt selbige Fehler zu suchen um entweder untauglich zu machen oder
mich vielleicht hinhalten zu wollen. Da selbe angeben, es fehlten zwei Räder, so berichte
ich, daß diese Räder nur zum Zeigerführen da seyen brauchen und durchaus nicht das
Gehen oder Nichtgehen des Werkes bewirken, denn sonst müßten Zeiger Gehäuse und
Zifferblatt etc: auch da sein. Da diese Räder aber bei mir schon angefertigt liegen , so
sind selbe nicht beigegeben weil ohne Zifferblatt selbe nicht befestigt werden können
also leicht verloren gehen könnten.
Daß die angegebenen Fehler bestehend in nicht feiner
Unterdrehung der Triebe und polieren der Facetten unterblieben ist, findet seinen Grund
darin daß dann das Werk durchaus gegen Vorschrift und nicht mehr, wie ich beauftragt
wurde, ein leichtverkäufliches, sondern vielmehr Teuer verkäuflich geworden wäre. Auch
ist in diesem Punkte durch aus nicht gegen die Regel gearbeitet und hat das Werk keinen
Nachteil im Gehen; bleibt eher ganz der Willkür des Anfertigers überlassen.
Beauftragt wurde ich von dem betreffenden Herrn
Vorsteher, ein "leichtverkäufliches Uhrwerk" anzufertigen und es gehend
abzuliefern, welchen ich in allen Theilen unter Aufsicht der Herren Schaumeister
nachgekommen bin.
Gegen alles nachträgliche Nachgehen meines .......ohne
mein Beisein , indem durch böser Hand angebracht werden könnten, oder wohl schon
angebracht muß ich ernstlich protestieren , kann mich also im Lande wie es vielleicht
jetzt ohne versiegelt ja zu sein nicht einlassen. (Im letzten Absatz fehlen einige
Worte). |
Der Einwand des Prüflings, er habe eine "leichtverkäufliche Uhr "
herstellen sollen, war keine Entschuldigung . Die neue Verordnung über die Handwerks-
Verfassung, abgedruckt in den "Oldenburger Anzeigen " vom 27. Februar 1830, hebt
die durch die ehemalige französische Besatzung eingeführte Gewerbefreiheit auf und
führt im Vergleich zu den alten Zunftordnungen liberale Verordnungen ein.
In dieser Verordnung heißt es im Abschnitt MEISTER unter § 35 /1:
Die Geschicklichkeit wird
dargethan: 1) durch eine Probearbeit
(Meisterstück), die in einem zwar künstlichen , doch leicht verkäuflichen oder
bestellten Gegenstand bestehen muß. |
Der Vorsteher des Prüfungsausschusses wird dem Prüfling diesen Passus vorgetragen
haben und dieser bezieht sich nicht zu unrecht darauf. Das Aufbegehren der Prüflinge
gegen unsinnige Prüfungsarbeiten hat sich durch alle Generationen bis heute gehalten.
Der Uhrmacher Julius Rehm wurde noch im Jahr 1848 als Meister anerkannt, so daß sein
Einspruch gegen die Entscheidung der Prüfungskommission Erfolg hatte.
Als Gehilfe ist 1851 ein Wilhelm Krüger als Uhrmachergehilfe vermerkt, der noch 1873
als Uhrmacher in den Archvalien auftaucht.
zu Regionalen Uhrmacherei/Osnabrück
Uhrmacher
in Osnabrück (Jahre -
aufsteigend, in denen sie in Archivalien genannt werden)
Die folgende Liste nennt Uhrmacher und
Uhrenhändler in den Zeiträumen, in denen sie in Dokumenten vorkommen. Wenn diese
Darstellung zwangsläufig lückenhaft ist, so ergibt sich doch eine gewisse Cronologie
ihrer Tätigkeit in der Stadt.
- Schreiber Uhrmacher 1801
- Heyl, Christian Wilh. geb.1780 gest.1849 Uhrm.
1817 bis 1848
- Grahlmann, Joseph, geb.1793 gest.1862 Uhrm.
1821 bis 1859
- Heimbrock, L. Uhrmacher 1821
- Fromme, Franz Anton Uhrmacher 1822
- Godders Uhrmacher 1822
- Hüdepohl, Th. W. geb.1793 gest.1865 Uhrmacher
1822 bis 1862
- Lescow,Joh.Chr.Theodor Uhrmacher 1826 bis
1837
- Cramer, Joh. Friedr. Daniel Uhrmacher 1826 bis 1837
- Lautz, J. Uhrmacher 1829
- Eckhardt E.A. geb.1803 Uhrmacher 1829 bis 1873
- Lautz, Ww. Handel 1837 bis 1845
- Cramer Ww. Uhrmacher 1841 bis 1845
- Finkmann,H.H. geb.1809 Uhrmacher 1842
bis 1873
- Heuser, Max Friedr. geb. 1816 Uhrmacher 1845 bis
1862
- Otte, Joh. geb. 1828 Uhrmacher 1848
- Krüger, Jos. Wilh. Uhrmacher 1848 bis 873
- Rehm, Julius geb. 1818 Uhrmacher 1848 bis
1873
- Schwörer, F. Händler geb. 1821 1848
- Gersie, Friedrich geb.1819 Uhrmacher
1848 bis 1873
- Sievers, J.E. Uhrmacher. 1848
- Ellebrecht, Aug. Ludw. Hinr. Uhrmacher 1851
bis 1873
- Ellersick, Juliane Handel 1855 bis 1859
- Sander, Joh.G. Händler u.Ww. 1855 bis 1868
- Leskow, Albert UhrmacherGesell. pr.1847 1855
bis 1873
- Heuser, Max Friedr. Ww. Uhrmacher 1866 bis 1873
- Krug, Luis Händler 1866
- Cramer Jah. Friedr. Uhrmacher 1868
- Grau, Aug. Friedr. Wilh. Uhrmacher 1868 bis 1873
- Heilmann, J.H. Uhrmacher 1868
- Steinert, Adolph geb. 1844 Uhrmacher 1869 bis 1873
- Baumann, Emil Uhrmacher 1871 bis 1873
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Für weitere Informationen wende Dich bitte an :
Heinz-Günter Vosgerau, Restaurator/Uhrmachermeister
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