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Die Elektrischen Uhren der Gebrüder Rabe aus Hanau/M.  1
© Thomas Schraven Krefeld 1998


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1. Vorwort

In der Ausstellung des Deutschen Uhrenmuseums in Furtwangen [10] findet der Besucher eine Wanduhr mit elektrisch angetriebenem Torsionspendel, hergestellt nach Patenten von Rabe aus Hanau.

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Bild 01 (Bild zum Vergrößern bitte anklicken)
Elektrische Torsionspendeluhr Nr. 176 nach Patent Rabe.
Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Uhrenmuseums Furtwangen, Inventarnummer 50-0265.

Als Freund elektrischer Uhren war ich begeistert von dieser sehr eigenwilligen, aber auch einzigartigen Uhr und mein Wunsch war es, mehr über die Geschichte des Hanauer Uhrenherstellers zu erfahren. Leider mußte ich sehr bald feststellen, daß der Uhrenhersteller aus Hanau selbst in Fachkreisen völlig unbekannt war. Ich begab mich deshalb selbst auf die Suche nach den historischen Wurzeln der Hanauer Uhrenfabrikation.

Die Datensuche begann zunächst in der verfügbaren Fachliteratur. In den frühen Lehrbüchern der elektrischen Uhrmacherei findet man bei Merling [09] einen kurzen Hinweis auf ein elektrisches Geh- und Schlagwerk von Rabe. In der Deutschen Uhrmacher Zeitung(=DUZ) findet man Hinweise [02] [07] auf erfolgte Patenterteilungen, einen Leserbrief eines Uhrmachers [04] zu dem Kontaktsystem der Uhren und mehrere Anzeigen [08] einer Hanauer elektrischen Uhrenfabrik - Steinheuer & Rabe. In den Hersteller- und Meisterverzeichnissen von Abeler [01] und Schraven [19] wird die Uhrenfabrikation in Hanau erwähnt. Damit war das Potential verfügbarer Literatur vorerst erschöpft.

Im Jahre 1992 wurden erste Kontakte zum Hanauer Stadtarchiv geknüpft. Da die Stadt Hanau selbst Interesse an der Erforschung der eigenen Industriegeschichte hat, wurde mir jede nur denkbare Unterstützung gewährt. Verschiedene andere Institutionen der Stadt wurden später angesprochen und letztendlich, die Bevölkerung Hanaus durch eine Anzeige im Hanauer Anzeiger zur aktiven Mitarbeit animiert [29]. Immer wieder ergaben sich neue Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen. Selbstverständlich wurde meine Suche auch von anderen Uhrenfreunden unterstützt.

Mittlerweile ermöglichen die bisher gefundenen Daten, Uhren und historischen Details einen Einblick in die Geschichte des Hanauer Uhrenherstellers, die im Jahre 1847 beginnt.


2. Die Gebrüder Rabe, Heinrich und Eckard Rabe

Im Hanauer Anzeiger [23] vom 25.11.1847 wird bekanntgegeben, daß sich der Uhrmachermeister Karl Hochreuther (8.4.1819-23.5.1865) selbständig macht und ein eigenes Geschäft in Hanau in der Frankfurter Straße 17 eröffnet. Hochreuther arbeitet dort als Uhrmacher und Emailleur. Auch der Vater von Karl Hochreuther, Cornelius Hochreuther, arbeitete bereits als Uhrmacher in Hanau.

1863 stellt Karl Hochreuther den Uhrmacher Heinrich Rabe (13.6.1842 - 3.1.1911) als Mitarbeiter ein [25]. Noch im gleichen Jahr wird Heinrich Rabe Bürger der Stadt Hanau [24] und kann nach dem Tode Hochreuthers am 23.5.1865 dessen Geschäft übernehmen [18] [26]. Die Witwe von Karl Hochreuther befürwortet diese Geschäftsübernahme durch Heinrich Rabe [25].

"Dem Uhrmacher Heinrich Rabe aus Braunau bei Wildungen, welcher während 3 Jahren in dem Uhrmachergeschäfte meines seeligen Mannes als Geschäftsgehilfe ununterbrochen thätig war und gegenwärtig auch bei mir als solcher arbeitet, bezeuge ich hiermit, daß er sehr tüchtig ist und durch seinen Fleiß und gutes Betragen sich sehrwohl meine als auch meines Mannes volle Zufriedenheit erworben hat"

Hanau den 12. August 1865

Katrina Hochreuther, Witwe

Die Firma Heinrich Rabe wird am 12.4.1866 offiziell in das Handelsregister eingetragen [44].

1867 heiraten Heinrich Rabe und Johanna Margarete Auguste Hochreuther. Johanna Hochreuther ist die Tochter des Hanauer Bijouteriefabrikanten Franz Hochreuther [13].

Die Hanauer Adreßbücher (Auflistung im Anhang) der damaligen Zeit dokumentieren die geschäftlichen Aktivitäten von Heinrich Rabe relativ genau.

Zuerst besteht die Tätigkeit des Uhrmachers Rabe vorrangig aus Uhrenhandel und Uhrenreparatur. Zwei Mal zieht das Geschäft innerhalb der nächsten Jahre um. Als Geschäftsanschrift wird 1869 die Hammergasse 5 und ab 1876 die Steinheimer Str. 41 genannt.

Eine besondere Attraktion für die Hanauer Bevölkerung war damals eine Augenwender- und Knödelfresseruhr, die Heinrich Rabe im Januar 1869 in seinem Schaufenster ausstellte [27]:

"27.1.1869: Von heute an zieht nun im Schaufenster des Uhrmachers Heinrich Rabe in der Hammergasse 5 die ausgestellte Uhr mit Automat, ein sitzendes Männlein, welches Klöße mit einem Löffel verspreißt und dabei die Augen verdreht, das Publikum in Massen herbei".

In den darauffolgenden Jahren verläßt Uhrmacher Rabe den Bereich der klassischen Uhrmacherei. Motiviert von den Erfolgen der Naturwissenschaften in allen Bereichen der Technik, beschäftigt sich Heinrich Rabe nun auch mit der Elektrizitätslehre. Diese steckte zu dieser Zeit zwar noch in den Kinderschuhen, machte aber rasante Fortschritte und wurde sehr erfolgreich vermarktet. Für diese Tätigkeit gibt es eindeutige Belege.

Während der Jahre 1875 - 1880 wurde das Schloß Philippsruhe/Hanau modernisiert und umgebaut. Der Uhrmacher Rabe erhielt zahlreiche Aufträge, sowohl als Elektrotechniker als auch als Uhrmacher [35], [39]:

  • 1876 Reparatur und Restauration von 16 Uhren aus dem Jagdschloss Wabern
  • 1877 Installation einer neuen Blitzableiteranlage für das Schloss Philippsruhe
  • 1878 Einbau einer neuen Turmuhr (diese Uhr wurde später durch eine Uhr von Korfhage ersetzt)
  • 1879 Bau einer aufwendigen Wanduhr für die Bibliotheksräume
  • 1880 Einbau einer hauseigenen Telegraphenanlage für 3 Etagen des Schlosses
bild01.jpg (29379 Byte) 1 neue Uhr in die Bibliothek M 600.-

Die Richtigkeit und gute Ausführung der Arbeit zur Bibliotheks Uhr so mir die Übereinstimmung des Preises mit dem vorher vereinbarten bescheinigt und die Rechnung festgestellt ist "Sechshundert Mark" Philipppsruhe den 26. August 1880

der Architekt der Bauführer

Sechshundert Mark aus der landgräflichen Hofkasse empfangen zu haben, quittiert:

Philippsruhe den 7. September 1880
Gebr. Rabe

Bild 02 (Bild zum Vergrößern bitte anklicken)
Rechnung der Gebrüder Rabe vom 11. August 1880 [39].

Auch später erhalten die Gebrüder Rabe noch Aufträge vom hessischen Landgraf. Ca. 1885 wird eine Uhr an das Schloß geliefert und im Eingangsbereich installiert. Diese Uhr kommt allerdings nicht aus der Werkstatt Rabe, sondern wurde von der Firma L. Furtwängler & Söhne AG/Furtwangen im Schwarzwald [30] hergestellt. Es handelt sich hier um eine Uhr mit mechanischem Gehwerk und 2 Ziffernblättern. Die Uhr ist bis heute im Originalzustand erhalten geblieben und zeigt immer noch zuverlässig die Zeit an.

1878 erhält Heinrich Rabe den Titel "Hofuhrmacher Seiner Königlichen Majestät des Landgrafen Friedrich von Hessen".

Im gleichen Jahr wird auch das DRP 4716, Rufapparat für Telephone, angemeldet.

Registriert wird in dieser Zeit erneut eine Ausweitung des Lieferprogramms. Neben Uhren und elektrischen Apparaten werden jetzt auch optische Waren, wie Brillen, Lupen, Mikroskope und Fernrohre angeboten.

Unterstützung erhält Heinrich Rabe von seinem jüngeren Bruder Eckard (30.12.1852 – 7.3.1897). Ab dem Jahre 1878 beteiligt sich dieser an den geschäftlichen Aktivitäten der Firma Rabe. Eckard und Heinrich Rabe arbeiten nun gemeinsam unter dem Namen Gebrüder Rabe. Auch Eckard Rabe ist Hofuhrmacher des Landgrafen von Hessen [13].

Es ist nicht verwunderlich, daß die innovativ denkenden Uhrmacher Rabe versuchten, ihre elektrotechnischen Kentnisse auch im Bereich der Uhrmacherei anzuwenden. Die Gebrüder Rabe beginnen mit der Entwicklung eigener elektrischer Uhren. Eine genaue Datierung dieser Tätigkeit ist heute leider nicht möglich, weil die Adreßbücher der Jahre 1879-1882 nicht mehr vorhanden sind. Im Adreßbuch des Jahres 1883/84 ist jedoch zum ersten Mal der Hinweis zu finden, daß elektrische Uhren nach eigenen Patenten konstruiert und angeboten werden.

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Bild 03 (Bild zum Vergrößern bitte anklicken)
Anzeige aus dem Hanauer Adreßbuch für das Jahr 1888/89 [18].

Nachweisbar sind in diesem Zusammenhang mehrere Patente der Gebrüder Rabe. In den Jahren 1882 - 1898 wurden alleine im deutschen Reich 8 Patente in der Patentklasse 83b bzw. 74a erteilt [19]. Weiterhin wurde im Jahre 1884 ein Patent in England [11] und 1885 ein Patent in den Vereinigten Staaten von Amerika [20] angemeldet. Eine vollständige Auflistung der Patente ist im Anhang zu finden.

Die Hälfte der im deutschen Reich erteilten Patente behandeln elektromechanische Torsions- und Rotationspendeluhren. Versucht wurde, ein mechanisches Uhrwerk mit elektrischen Kräften anzutreiben. Die Erfindungen beinhalten zwei grundsätzlich verschiedene Systeme. Während sich die früheren Patente auf den direkten elektrischen Antrieb von Torsions- und Rotationspendeln beziehen, beinhalten die späteren Patente den elektrischen Aufzug des mechanischen Uhrwerkes zum Antrieb von Torsions- oder Rotationspendeln.

Man kann davon ausgehen, daß die Nachfrage nach den elektrischen Uhren der Gebr. Rabe damals relativ groß war. Die bestehenden Produktionskapazitäten in der Werkstatt Rabe reichten bald nicht mehr aus. Um diese zu erweitern, wurde eine eigene Produktionsstätte, die "Hanauer elektrische Uhrenfabrik Steinheuer und Rabe" gegründet. Da der Hanauer Uhrenfabrik ein eigenes Kapitel gewidmet ist, soll an dieser Stelle auf detaillierte Ausführungen verzichtet werden.

Bereits 1893 wird die Uhrenfabrik in Hanau nicht mehr erwähnt. Die Gebrüder Rabe bieten jedoch noch in den Jahren 1893/94 elektrische Uhren aus eigener Herstellung an. Nach 1894 werden nur noch elektrische Uhren und Zeigerwerke angeboten. Der Hersteller dieser Uhren wird dabei nicht näher bezeichnet.

Im Jahre 1897 verstirbt Eckard Rabe und Heinrich Rabe ist wieder alleiniger Inhaber des Geschäftes. Kurz nach der Jahrhundertwende werden alle Aktivitäten im Bereich der elektromechanischen Uhrmacherei eingestellt.

Ab 1905 werden die Gebrüder Rabe Mitglied der Uhrenfabrikations- und –handels Gesellschaft Union Horlogère.

Am 3.1.1911 verstirbt auch Heinrich Rabe und seine Töchter, Maria Coquot (24.5.1871 - ?.6.1949) und Luise Sauer (27.11.1873 – 17.2.1955) werden ab dem 1.4.1911 Inhaberinnen des Geschäftes in der Steinheimer Straße.

Maria Rabe war mit dem Kaufmann Louis Coquot verheiratet und Luise Rabe mit dem Uhrmacher Balthasar Sauer [32]. Louis Coqout und Balthasar Sauer führen gemeinsam das Geschäft der Gebrüder Rabe [28] [34]. Das Meisterstück von Balthasar Sauer, ein Regulator mit Sekundenpendel, ist bis heute erhalten geblieben [31].

Schwerpunkte der geschäftlichen Tätigkeit sind Uhren, Optik und Rundfunkgeräte.

Kurz vor Ende des Krieges, am 19.3.1945, wird Hanau zu 90 % zerstört. Auch das Geschäft der Gebrüder Rabe fällt diesem Wahnsinn zum Opfer. Nach dem Krieg wird ein provisorisches Geschäft in der Kronprinzenstrasse 10 betrieben. Im Jahre 1950 wird das Geschäft der Gebrüder Rabe am Heumarkt 3 (ehemalige Anschrift von Eckard Rabe) neu eröffnet. Nach dem Tod von Luise Sauer am 17.2.1955 [36] wird das Geschäft der Gebrüder Rabe aufgegeben.


3. Hanauer elektrische Uhrenfabrik Steinheuer und Rabe

Im Adreßbuch des Jahres 1886/87 wird die Hanauer elektrische Uhrenfabrik zum ersten Mal offiziell erwähnt. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß die Uhrenfabrik schon 1885 gegründet wurde. Eine Anzeige in Hanauer Anzeiger vom 11.7.1885 [45] belegt dies:

Einige junge Leute vom Lande im Alter von 14-16 Jahren finden Beschäftigung in der Fabrikation von Großuhren

Gebrüder Rabe

Als Inhaber der Fabrik werden Eckard und Heinrich Rabe gemeinsam mit Julius und Heinrich Steinheuer genannt. Als Anschrift wird die Lindengasse 6 angegeben.

Auch die Steinheuers sind bekannte Fabrikanten aus Hanau. Louis August Steinheuer [16] gründete 1838 die Bijouterie- und Kettenfabrik Steinheuer & Co. in Hanau am Marktplatz 11. Diese Fabrik wird am 8.12 1887 [43] von seinen Söhnen Julius (10.12.1850 - 5.1.1913) und Heinrich (4.11.1846 - ?) übernommen. Gemeinsam führen diese die Fabrik, bis 1891 Heinrich Steinheuer nach Amerika auswandert. Die Bijouterie- und Kettenfabrik Steinheuer & Co. wird danach von Julius Steinheuer alleine weitergeführt. Im Jahre 1910 wird die Fabrik noch erwähnt [15].

Als Bijouteriefabrikanten hatten die Steinheuers eigentlich keinen direkten Bezug zu Uhren bzw. zur Uhrmacherei. Gefunden wurden jedoch 2 Patente [19] von Julius Steinheuer aus den Jahren 1889 und 1890, die dokumentieren, daß sich dieser ernsthaft mit der elektrischen Uhrmacherei auseinandersetzte.

Welche genaue Bedeutung J. und H. Steinheuer für die Hanauer elektrische Uhrenfabrik hatten, konnte bisher noch nicht eindeutig geklärt werden. Man kann aber vermuten, daß die Familie Steinheuer finanzielle Mittel zur Verfügung stellten. Ein Beleg für diese Annahme könnte sein, daß sich die Handelsniederlassung der Hanauer elektrischen Uhrenfabrik am Marktplatz 11, also auf dem Gelände der Bijouteriefabrik Steinheuer, befand.

Durch die Gründung der Hanauer Uhrenfabrik änderte sich auch die Patentsituation. Bisher bestand Patentschutz für die Erfindungen von Heinrich Rabe bzw. der Gebrüder Rabe im Deutschen Reich, England und in den Vereinigten Statten von Amerika. Ab 1887 werden nun gemeinsam Patente im Ausland auf den Namen Hanauer elektrische Uhrenfabrik angemeldet. Es handelt sich um das Patent 011 191 in England [11] und das Patent 401 065 in Amerika [20]. Beide Patente beschreiben eine Verbesserung des DRP 039 589 der Gebrüder Rabe.

Die Adreßbücher geben weitere Auskunft über das Fortbestehen der Hanauer elektrischen Uhrenfabrik. Namentlich wird die Fabrik nur noch im Jahrgang 1888/89 genannt. Bereits im Adreßbuch für 1890/91 wird unter der Rubrik Lindengasse eine nicht näher bezeichnete Uhrenfabrik genannt. Im Band des Jahres 1892/93 wird wiederum eine elektrische Uhrenfabrik in der Rubrik Lindengasse angegeben aber gleichzeitig auch eine Fabrik elektrischer Uhren und Apparate, allerdings ohne Anschrift in der Rubrik Uhrmacher. Es dürfte sich aber in beiden Fällen um die gleiche Fabrik handeln. In den Jahren nach 1893 wird eine Uhrenfabrikation in Hanau garnicht mehr erwähnt.

Es wurde nun versucht, anhand der vorhandenen Quellen eine Deutung dieser Eintragungen zu ermöglichen.

Im Jahrgang 1889 der Deutschen Uhrmacher Zeitung [08] sind mehrere Verkaufsanzeigen der Hanauer Fabrik abgedruckt und in der niederländischen Uhrmacherzeitung De Horlogenmaker [37] ist eine detaillierte Beschreibung der Torsionspendeluhr zu finden.

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Bilder 04 a + b   (Bilder zum Vergrößern bitte anklicken)
Anzeigen der Hanauer elektrischen Uhrenfabrik 1889 [08].

Diese Werbekampagne für das Jahr 1889 dokumentiert die Erwartungen aller Beteiligten an das Projekt - Hanauer elektrische Uhrenfabrik.

Die Hanauer Uhrenfabrik stellte qualitativ sehr hochwertige und eigenwillige Uhren her. Zum Antrieb des Uhrwerkes wurden die damals vorhandenen Möglichkeiten der Elektrotechnik ausgenutzt. Diese elektrischen Einrichtungen an den Hanauer Uhren waren wahrscheinlich auch die Ursache für das Scheitern dieser Uhren auf dem Markt. Der Leserbrief eines Uhrmachers belegt, daß viele Hanauer Uhren zwar an den Uhrenhandel ausgeliefert wurden, aber aufgrund technischer Probleme nicht an den Endverbraucher weiterverkauft werden konnten [04]. Schwachpunkt waren immer Kontakte und Batterien. Aber auch andere Hinweise verdeutlichen, daß das Kontaktsystem der Uhren von Rabe nicht zuverlässig arbeitete. Bei der Besprechung des DRP 31 362 in der DUZ [07] wird angegeben, daß die Gebrüder Rabe bereits an einer Verbesserung des elektrischen Antriebes arbeiten.

Auch das Patent DRP 35 448 beschreibt eine Modifikation des Pendelkontaktes nach Rabe. Die aufeinander gleitenden Metallteile des Kontaktsystems werden nun durch einen Quecksilberschalter ersetzt.

Während über die Gründungsjahre der Uhrenfabrik in Hanau relativ wenig bekannt ist, kann das Ende der Aktivitäten genau rekonstruiert werden. Den entscheidenden Hinweis dazu fand ich vor 6 Jahren bei J. Steen [12] "Eine neue Zeit, internationale elektrotechnische Ausstellung Frankfurt/M. 1891". Im Ausstellerverzeichnis findet man den Vermerk "Bohmeyer/Hanau". Da Bohmeyer ein bekannter Fabrikant elektrischer Uhren aus Halle/Saale ist, ergibt sich automatisch die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Herrn Bohmeyer und der Hanauer elektrischen Uhrenfabrik.

Auch in diesem Falle konnte das Stadtarchiv in Hanau wieder excellente Auskünfte geben. Mit Hilfe des offiziellen Melderegisters der Stadt konnte nachgewiesen werden, daß sich C. Bohmeyer aus Halle/Saale am 19.2.1891 offiziell in Hanau anmeldete [14]. Seine Familie, 3 weibliche Personen, begleiteten ihn. Bohmeyer wohnte mit seiner Familie zunächst in der Lindengasse 8, also direkt neben der Uhrenfabrik, zieht aber noch im gleichen Jahr in die Fallbachstraße 15 um.

Im gleichen Jahr findet in Frankfurt/M. eine der bedeutendsten Industrieausstellungen, die Internationale Elektrotechnische Ausstellung, statt. Unter den Ausstellern befindet sich auch C. Bohmeyer. Als Geschäftsanschrift wird angeben, Fabrik für elektrische Uhren und Apparate in Hanau, gegründet 1891 [12]. Die Hanauer elektrische Uhranfabrik - Steinheuer und Rabe wird im Ausstellerverzeichnis nicht erwähnt.

Die von C. Bohmeyer ausgestellten Exponate werden teilweise in der offiziellen Zeitung der internationalen elektrotechnischen Ausstellung [03] abgebildet und beschrieben.

Bild 05  (Bild zum Vergrößern bitte anklicken):
Elektrische Nebenuhr von Bohmeyer aus Hanauer Fertigung [03]

Ergänzende Informationen sind in der Deutschen Uhrmacher Zeitung [06] von 1892 zu finden. Mitgeteilt wird dort, daß Bohmeyer nur eine kleine Auswahl seiner Uhren auf der Ausstellung zeigen konnte, weil sich alle Aktivitäten auf die Neueinrichtung einer Fabrikation konzentrierten. Erwähnt wird weiterhin, daß ein Katalog zur Beschreibung der Produkte Bohmeyers vorbereitet wird. Es ist möglich, daß es sich bei diesem Katalog um die erste Auflage des Buches "Anleitung zur Aufstellung und Behandlung elektrischer Uhren [17]", publiziert 1892 in Hanau, handelt.

Von diesem Buch gibt es noch zwei spätere Ausgaben aus den Jahren 1896 und 1908, die beim Emil Hübners Verlag in Bautzen erschienen. Bohmeyer´s Buch von 1892 ist auch die nachfolgende Anzeige entnommen.

Bild 06  (Bild zum Vergrößern bitte anklicken):
Anzeige von Bohmeyer aus dem Jahre 1892 [17].

Im Adreßbuch der Stadt Hanau wird Bohmeyer nur für die Jahre 1892/93 erwähnt. Die Eintragung lautet: Karl Bohmeyer, Elektrotechniker - Fallbachstr. 15.

Einige ergänzende Hinweise zu Bohmeyers Fabrik in Hanau sind in der DUZ [06] des Jahres 1892 zu finden. Dort wird bestätigt, daß in der Fabrik elektrischer Uhren und Apparate AG (vormals C. Bohmeyer) in Hanau elektrische Uhren nach dem System Bohmeyer hergestellt wurden.

Am 29.9.1893 verläßt Bohmeyer Hanau und reist zurück nach Halle/ an der Saale Ein Artikel über die elektrischen Uhren von Bohmeyer in der DUZ [05] von 1894 belegt auch dies

"...der bekannte Fabrikant Bohmeyer, welcher die nach seinem System konstruierten elektrischen Uhren jetzt ausschließlich unter eigener Firma in Halle a.S. erzeugt, hat die ......"

Parallel zu den Hanauer Adreßbüchern wurden auch die Adreßbücher [22] der Stadt Halle/S. ausgewertet. Bohmeyers Aktivitäten im Bereich der elektrischen Uhrmacherei beginnen in Halle/S. im Jahre 1885 und lassen sich bis zum Jahr 1950 weiterverfolgen. Besonders interessant sind dabei die Jahre 1891 - 1893, während derer sich Bohmeyer in Hanau aufhielt.

Für die Jahre 1891/92 wird eine Uhrenfabrikation Bohmeyers in Halle, Forsterstr. 16, erwähnt. Für das Jahr 1893 ist keine Uhrenfabrikation Bohmeyers in Halle nachweisbar und ab 1894 wieder eine Fabrikation in der Forsterstr. 40.

Elektrische Uhren von Bohmeyer aus dieser kurzen Produktionsepoche in Hanau sind extrem selten zu finden. Ein glücklicher Zufall spielte mir jedoch eine Nebenuhr aus der Hanauer Fertigung zu.

Diese Nebenuhr ist der in Bild 6 gezeigten Uhr sehr ähnlich. Markantes Merkmal ist der als Dreibein ausgeführte Ständer der Uhr. Alle Teile sind diesmal aus Holz gefertigt.

Das Uhrwerk selbst trägt die Signatur: Bohmeyer/Hanau DRP A. 2028. Es handelt sich um ein geräuschlos arbeitendes Schrittschaltwerk für polarisierte Minutenimpulse der Hauptuhr. Bohmeyer schreibt dazu in seinem Buch [17], daß für diesen Uhrwerkstyp ein Patent beantragt wurde, das allerdings im Jahre 1892 noch nicht erteilt war. Aus Gründen der Geheimhaltung wird das zugehörige Nebenuhrwerk auch nicht näher beschrieben. Die Untersuchung beim Patentamt ergab, daß Bohmeyer für dieses Uhrwerk keinen Patentschutz, sondern nur ein Gebrauchsmuster DRGM erhielt. Ein fast identisches Nebenuhrgangmodell mit der Signatur: Bohmeyer/Halle ist mit der zugehörigen DRGM 18 168 gestempelt.

Bild 07  (Bild zum Vergrößern bitte anklicken):
Nebenuhrwerk Nr. 2028 von Bohmeyer aus Hanauer Fertigung 1891-1892.

 

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